Fast zwei Monate nach den verheerenden Erdbeben im Südosten der Türkei steht das Land noch immer unter Schock. Viele Menschen haben Angehörige, ihre Wohnung und ihr bisheriges Leben verloren. Das Ausmaß der Zerstörung ist gewaltig und wird nicht nur die betroffene Region, sondern das ganze Land noch viele Jahre prägen. Neben der Bewältigung der Erdbebenfolgen stellen sich jetzt zunehmend auch Fragen nach Verantwortlichkeiten und der besseren Prävention und Bewältigung von Katastrophen von diesem Ausmaß.
Zwei Erdbeben am 6. Februar 2023 haben nach offiziellen Angaben mehr als 50.000 Menschen in elf Provinzen im Südosten der Türkei das Leben gekostet und auch in Nord-Syrien schwere Schäden angerichtet. Die tatsächliche Zahl der Todesopfer dürfte noch weit über der offiziellen Zahl liegen. In den betroffenen türkischen Provinzen lebten rund 15 Mio. Menschen, darunter ca. 1,7 Mio. syrische Geflüchtete. Es sind etwa 232.000 Gebäude eingestürzt oder wurden so schwer beschädigt, dass sie abgerissen werden müssen. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass die wirtschaftlichen Schäden mehr als 100 Mrd. Dollar erreichen könnten.
Die Türkei wurde schon häufiger von schweren Erdbeben getroffen. Eines der letzten waren die Marmara-Erdbeben in der Nähe der Stadt Izmit im Jahr 1999. In Folge dieser Beben waren die Bauvorschriften verschärft worden, um die Gebäudesicherheit zu erhöhen. Doch trotz der strengeren Bauvorschriften stürzten bei den Erdbeben im Februar 2023 auch viele Gebäude ein, die erst in den letzten Jahren errichtet wurden. Damit hat das Beben auch die Politik erschüttert, denn in den meisten der betroffenen Provinzen regieren die AKP und ihre politischen Vorläufer seit mehr als 30 Jahren und tragen somit auch Verantwortung für Baugenehmigungen und die Umsetzung der Bauvorschriften auf kommunaler Ebene. Durch das Versprechen eines schnellen Wiederaufbaus versucht die Regierung jetzt, den politischen Schaden zu begrenzen.
Die große Zahl von Gebäudeschäden kann nicht allein auf die Stärke derErdbeben zurückgeführt werden. Obgleich die Provinzen von Kahramanmaraş bis Hatay als Erdbebengebiete bekannt sind, wird als Ursache eine ganze Kette an Versäumnissen aufgeführt. Diese beginnt mit städteplanerischen Entscheidungen, bei denen keine Rücksicht auf den Baugrund genommen wurde, setzt sich über die Qualifikation der Bauunternehmen sowie deren Architekt_innen und Ingenieur_innen fort, und mündet in Mängel bei der Bauaufsicht und Zertifizierung. Proben des Betons eingestürzter Häuser weisen immer wieder auch grobe Mängel bei der Bauausführung auf. Teilweise wurde der Beton mit Steinen gestreckt, teilweise hatte er jede Festigkeit verloren. Ungeeigneter Baugrund, nicht daran angepasste Bauprojekte und Mängel am Bau führten daher dazu, dass bei den beiden Erdbeben vom 6. Februar 2023 auch relativ neue Gebäude einstürzten.
Aus der Provinz Hatay wiederum wird berichtet, dass die Katastrophenschutzbehörde AFAD bereits Jahre zuvor auf die Probleme des Baugrunds und den Zustand vieler Gebäude aufmerksam wurde, jedoch nichts unternommen wurde. Dies gilt auch für öffentliche Gebäude, so dass nach der Katastrophe nur noch ein Krankenhaus einsatzbereit war, ein anderes sogar einstürzte. Dabei weisen Bauingenieure darauf hin, dass die Verschärfung der Bauvorschriften nach den Marmara-Erdbeben von 1999 den Zusammensturz von Gebäuden weitgehend hätten ausschließen müssen.
Das Netzwerk „Check and Balances“ (Dengeve Denetim Ağı) zeigt in einem Bericht zum Erdbeben auf, welche Maßnahmen seit 1999 getroffen wurden, um türkische Städte sicherer zu machen. Dabei steht neben einer neuen Form der Bauüberwachung auch die systematische Stadtsanierung im Vordergrund. Das Netzwerk bemängelt jedoch, dass mit der flächendeckenden Einführung einer externen Bauaufsicht durch spezialisierte Unternehmen zu lange gewartet und die Abhängigkeit dieser Unternehmen von Bauunternehmen erst in den letzten Jahren beendet wurde. Im Hinblick auf die Stadtsanierung zeigt sich, dass diese vielfach nicht auf besonders gefährdete, sondern besonders gewinnträchtige Stadtquartiere angewendet wurde.
Die Wurzeln für diese Profit- statt Gemeinwohlorientierung gehen auf eine Politik zurück, die zu Beginn des Jahrhunderts vom IWF gefördert und zunächst von einer Parteienkoalition unter Bülent Ecevit begonnen und dann ab 2002 von den AKP-Regierungen weiter fortgeführt wurde. Im Zentrum dieser Politik standen Privatisierung und Deregulierung. In der ersten Dekade der AKP-Regierungen führte dies insbesondere in weiten Teilen Anatoliens zu einem hohen Wirtschaftswachstum, das wichtige Impulse für die Entwicklung der Städte gab. Doch mit dem Stocken der EU-Reformprozesse und der zunehmenden Isolation nach dem arabischen Frühling flaute diese Dynamik ab. Den Ausweg fand die AKP-Regierung in einem bauorientierten Entwicklungsmodell. Damit wurden gleich mehrere Ziele kurz und mittelfristig relativ leicht erreicht. So konnte zum einen durch umfangreiche Neubauten und Sanierung alter Gebäude Wohnraum für die stark wachsende Bevölkerung geschaffen und zum anderen Wirtschaftswachstum und Beschäftigung generiert werden. Unter den AKP geführten Regierungen entwickelte sich die Bauwirtschaft zum zentralen strategischen Wirtschaftssektor. Es wurden große öffentliche Aufträge an neu entstehende oder kleinere Firmen vergeben, die zum Teil mit der sogenannten Erdbebensteuer finanziert worden sind. Mit dem sich entwickelnden Bauboom entstand eine neue Klasse von Bauunternehmer_innen. An diesem Geschäft mit seinen hohen Gewinnmargen beteiligten sich zunehmend Personen, die weder über eine entsprechende Ausbildung, noch über Erfahrungen im Bauwesen verfügten. Es bildete sich ein Geflecht von Beziehungen zwischen Politik und Bauwirtschaft, das sowohl bei Planungsentscheidungen als auch bei der Baukontrolle wirksam wurde.
Von den beiden Erdbeben war ein sehr großes Gebiet betroffen. Wichtige Verkehrsverbindungen wurden unterbrochen, der Flughafen von Hatay musste zunächst seinen Betrieb einstellen, die Telekommunikation fiel weitgehend aus. Doch obgleich bereits am 6. Februar ein internationaler Aufruf zur Soforthilfe erging, kamen die Bergungs- und Hilfsmaßnahmen in den ersten beiden Tagen nach dem Erdbeben nur langsam in Gang. Unklar blieb auch die Prioritätensetzung bei den Hilfsmaßnahmen. Aus den stark zerstörten Provinzen Hatay und Adıyaman kam der Vorwurf, man habe sie schlicht vergessen. Während aus allen Teilen der Türkei Hilfsgüter und Freiwillige herbeiströmten, bemühte sich die Katastrophenschutzbehörde AFAD, die Verteilung der Güter zu zentralisieren. Ohne Lagerhäuser und mit eingeschränkter Telekommunikation war AFAD für die kommunalen Verantwortlichen jedoch kaum zu erreichen. Viele Hilfsgüter und -teams erreichten das Katastrophengebiet erst Tage später.
Zur eingeschränkten Zusammenarbeit von AFAD, Kommunal- und Provinzverwaltung kam noch das Misstrauen der Regierung gegen zivilgesellschaftliche Organisationen, die unmittelbare Hilfe leisten wollten, teilweise jedoch abgewiesen, teilweise auch polizeilich an ihrer Tätigkeit gehindert wurden. Die auf Hilfe wartende Bevölkerung verfolgte dies mit Fassungslosigkeit.
Ein Vorstandsmitglied der Ärztekammer Istanbul, das unmittelbar nach dem Erdbeben ins Katastrophengebiet reiste und in Adıyaman und Hatay ärztliche Hilfe leistete, erklärte, dass auch einen Monat nach den Erdbeben die Gesundheitsversorgung ausgesprochen schwierig sei. Vom einzigen Krankenhaus sei nur die Notaufnahme arbeitsfähig gewesen. Feldkrankenhäuser hätten lediglich aus einigen Betten in einem Zelt bestanden. Auch die Lebensbedingungen seien für Erdbebenopfer wie Helfende ausgesprochen schwierig.
Vermutlich aus Furcht vor den politischen Folgen der Diskussionen, die das Erdbeben ausgelöst hatte, wurden schließlich durch die Regierung einige Dienste der sozialen Medien kurz nach den Beben eingeschränkt. Angesichts der zu diesem Zeitpunkt nach wie vor nur eingeschränkten Telekommunikation kam damit der Ausfall eines weiteren Kommunikationskanals hinzu.
Angesichts der vielen zerstörten Häuser, fehlenden Zelte und Problemen bei der Wasser-und Stromversorgung hat eine große Flucht aus dem Katastrophengebiet eingesetzt, in dem zuvor an die 15 Millionen Menschen lebten. Die Regierung versuchte, Studierendenwohnheime als vorübergehende Quartiere zu mobilisieren. Die Universitäten mussten daher zum Fernunterricht übergehen, wobei nach den neuesten Meldungen aber nur in rund 20 % der Studierendenwohnheime wirklich Erdbebenopfer untergebracht worden sind.
Viele Erdbebenopfer sind aus den Städten in die Dörfer zu Verwandten gezogen, andere sind in weiter entfernten Städten untergekommen. Einen Überblick, wie viele Geflüchtete aus dem Erbebenbiet andere Städte aufgenommen haben, gibt es bisher nicht. Fühlbar war die Zuwanderung unmittelbar auf dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt der Metropolen. In Ankara beobachtete die Berufskammer der Immobilienmakler einen Preisanstieg um 100 Prozent innerhalb eines Monats. Doch auch für die kommunale Infrastruktur, das Gesundheitswesen und die Schulen der aufnehmenden Städte stellt der plötzliche Bevölkerungszuwachs eine Herausforderung dar.
Für die Provinzen im Katastrophengebiet erweist sich die starke Abwanderung als ein Problem. Unternehmen geben an, dass nur 30 Prozent ihrer Belegschaft nach dem Erdbeben ihre Arbeit wieder aufgenommen hat. Studien zeigen, dass eine Rückkehr unwahrscheinlicher wird, je mehr Zeit verstreicht. Auch wenn die Regierung anderes verspricht – angesichts des Ausmaßes der Katastrophe wird der Wiederaufbau der Region noch Jahre dauern.
Angesichts der schweren Schäden und der großen Schwierigkeiten bei der Versorgung der Bevölkerung im Erdbebengebiet hat die Diskussion über die Erbebengefahr in Istanbul wieder an Bedeutung gewonnen. Schätzungen gehen davon aus, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten zehn Jahren mit einem schweren Erdbeben in der Millionenmetropole gerechnet werden muss. Das Wohnungsbauministerium hat angekündigt, 1,5 Mio. Wohnungen umzusiedeln. Details wie Standorte, Zeitplan und Finanzierung blieben jedoch offen. Die Großstadtverwaltung bietet einen kostenlosen Test zur Gebäudesicherheit an. Sollten sich dabei bedeutende Baumängel zeigen, soll bei der Wiederherstellung des Gebäudes geholfen werden. Mit einer Änderung der Bauvorschrift macht die Großstadtverwaltung zudem eine regelmäßige Prüfung der Bausicherheit für alle Gebäude alle fünf Jahre verpflichtend. Auch die Anforderungen an neue Bauprojekte wurden weiter verschärft. Gleichwohl ist offensichtlich, dass angesichts der Bevölkerungszahl von rund 16 Mio. Menschen mit einer kurzfristigen Lösung nicht zu rechnen ist.
Während Staatspräsident Erdoğan das Erdbeben und seine Folgen als „Schicksal“ darstellt und seine Anhänger_innen nicht müde werden, die Seltenheit von zwei schweren Erdbeben an einem Tag zu betonen, macht die Opposition die Regierung für das Ausmaß der Schäden und die Pannen bei den Hilfsleistungen verantwortlich. Bürokratische Strukturen, die auf eine Weisung des Staatspräsidenten warten müssen, und eine nicht an Qualifikation und Eignung orientierte Personalpolitik haben nach dem Übergang zum Präsidialsystem die staatliche Handlungsfähigkeit verringert. Misstrauen im Hinblick auf die Verwendung von Mitteln führten zudem dazu, dass viele Menschen nicht bereit waren, an die Katastrophenschutzbehörde AFAD oder die Hilfsorganisation Roter Halbmond zu spenden, sondern andere Organisationen oder Hilfsaktionen unterstützten. Im Hinblick auf einen neu geschaffenen Wiederaufbaufonds wird von der Opposition auf mangelnde Transparenz hingewiesen. Auch wird der Vorwurf erhoben, dass ein Teil der bereits erfolgten Ausschreibungen für den Wiederaufbau an Unternehmen ging, die Verbindungen zur AKP haben. Bauingenieure aus der Region befürchten außerdem, dass die Bauaufträge zu teuer vergeben wurden. In einem Gespräch mit dem Vorsitzenden der DEVA-Partei Ali Babacan verwiesen sie auf eine Verordnung zu Baurichtpreisen, die am 11. Februar 2023 erlassen wurde - bei den vergebenen Bauaufträgen sei jedoch mehr als das Doppelte angesetzt worden.
Bisher konzentriert sich die juristische Aufarbeitung der Verantwortung für die Erdbebenschäden auf die Bauunternehmer_innen, die die Gebäude errichteten. Jedoch zeigen Erfahrungen aus Aufarbeitungen früherer Erdbeben, dass die meisten der eingeleiteten Ermittlungsverfahren im Sande verlaufen und auch die Anklagen selten zu einer Verurteilung führen. Zugleich führt der Fokus auf die Bauunternehmerschaft auch zu einer Entlastung der Regierungsparteien, die in den am stärksten von den Erdbeben betroffenen Gebieten die Kommunalpolitik zu großen Teilen und über Jahrzehnte beherrschten und damit für die Baugenehmigungen verantwortlich zeichnen.
Die Strategie der Regierung, um die Folgen des Erdbebens für ihre politische Zukunft zu senken, ist zudem ein schneller Wiederaufbau. Bereits im März sollen für verschiedene Projekte die Grundsteine gelegt werden. Innerhalb eines Jahres soll ein Großteil des Wiederaufbaus bewältigt werden. Mit dieser Strategie drohen neue Großprojektewieder ohne jede Beteiligung, ohne umfassende Planung mit Berücksichtigung der Risiken und ohne Transparenz zu entstehen. Dies beginnt bei der Vergabe der Bauaufträge, bei denen sowohl die Höhe als auch die Auswahl der eingeladenen Firmen intransparent sind, und setzt sich über die Standorte für den Wiederaufbau fort.
Ein weiterer politischer Faktor ist die Frage, wie unter den gegenwärtigen Umständen eine ordnungsgemäße Wahl von Staatspräsident und Parlament stattfinden kann. Millionen von Menschen sind auf die umliegenden Provinzen und die Metropolen verstreut. Die Wählerverzeichnisse müssen neu erstellt werden. Den Menschen in der Katstrophenregion muss die Möglichkeit gegeben werden, unter verhältnismäßigem Aufwand ihre Stimme abgeben zu können. Sollten die Wahlen mit nur einer knappen Mehrheit entschieden werden, könnte die Diskussion über die Wahlbedingungen im Erdbebengebiet dazu führen, das Wahlergebnis in Frage zu stellen.
Am 10. März 2023 verlegte Staatspräsident Erdoğan per Dekret die eigentlich für den 18. Juni vorgesehenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen auf den 14. Mai 2023 vor. Sollte auf keine_n der Kandidierenden die absolute Mehrheit der Stimmen entfallen, findet am 28. Mai 2023 eine Stichwahl statt.
Am 6. März verkündete das Oppositionsbündnis aus sechs Parteien den CHP-Vorsitzenden Kemal Kılıçdaroğlu als gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten. Vorausgegangen war ein schwerer Konflikt innerhalb des Bündnisses, weil sich die İyi-Partei zunächst offen gegen die Kandidatur von Kılıçdaroğlu stellte. Für kurze Zeit drohte das Oppositionsbündnis zu zerbrechen. Der Kompromiss, der schließlich die Einigung ermöglichte, sieht vor, dass neben den fünf Vorsitzenden der übrigen Bündnisparteien auch die Bürgermeister von Istanbul (Ekrem İmamoğlu) und Ankara (Mansur Yavaş) als Vizepräsidenten ernannt werden. Dies dürfte zur Folge haben, dass beide stärker in den Wahlkampf einbezogen werden, als bisher vorgesehen war. Beide wurden von der İyi-Partei als Kandidaten für das Präsidentschaftsamt favorisiert.
Mit seiner Ankündigung, mit allen im Parlament vertretenen Parteien ein Gespräch zu führen, setzt Kemal Kılıçdaroğlu seine Strategie eines vereinenden Politikers fort. Auch verzichtet er auf die wöchentlichen Ansprachen an die CHP-Fraktion im Parlament, um zu symbolisieren, dass er nicht ein Kandidat der CHP, sondern einer des Volkes sei. Staatspräsident Erdoğan, der seine Kandidatur bereits im Januar verkündet hatte, präsentiert sich demgegenüber als starke Führungsperson, deren Fähigkeiten im Krisenmanagement nach den Erdbeben gefragt sind.
Eine entscheidende Rolle bei den anstehenden Wahlen wird auch die HDP spielen, über der noch immer ein Verbotsverfahren schwebt. In diesem hat das Verfassungsgericht kürzlich die Blockade der staatlichen Parteienförderung für die Partei aufgehoben. Am 11. April wird es eine mündliche Verhandlung geben, bei der die HDP ihre Verteidigung vortragen kann. Den Antrag der HDP, die mündliche Verteidigung auf einen Termin nach den Wahlen zu verlegen, lehnte das Verfassungsgericht ab. Sollte es kurz vor der Wahl zu einem Parteienverbot kommen, könnte die HDP nicht an der Wahl teilnehmen und auch keine unabhängigen Kandidatinnen und Kandidaten aufstellen. Am 22. März kündigte die Partei daher mit Blick auf das Verbotsverfahren an, für die Wahlen am 14. Mai mit der Grün-Links-Partei (Yeşil Sol Parti) anzutreten. Ebenfalls am 22. März verkündete die HDP, auf eine eigene Präsidentschaftskandidatur zu verzichten. Dieser Schritt dürfte Kemal Kılıçdaroğlu als Präsidentschaftskandidaten deutlich stärken.
Am 28. Dezember 2022 wurde der Dozent der Hacettepe Universität Sinan Ateş von einem Motorrad aus erschossen. Die Brisanz des Attentates liegt nicht zuletzt darin, dass Ateş ein früherer Vorsitzender der eng mit der MHP verbundenen,rechtsextremen Bewegung der „Grauen Wölfe“ (Ülkü Ocağı) war. Für Verwunderung sorgte in der Presse zum einen, dass es zunächst keine Reaktion aus dem Regierungslager zu dem Mord gab. Zum anderen sickerten Informationen aus den Ermittlungen an regierungskritische Medien durch, was durchaus ungewöhnlich ist. So berichten nach wie vor überwiegend oppositionelle Medien über das Attentat. Erst zwei Wochen nach dem Attentat nahm der MHP-Vorsitzende Bahçeli Stellung und beschwerte sich, dass eine Operation gegen seine Partei geführt werde. Unter den Ülkü Ocakları selbst scheint einige Irritation über den Anschlag und den Umgang ihrer Organisation und der MHP damit entstanden zu sein.
Was hinter dem Anschlag steckt, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht einzuschätzen, jedoch legt der Hintergrund einiger Verdächtiger eine interne politische Auseinandersetzung nahe. Dementsprechend wird erwartet, dass das Attentat politische Folgen für die MHP haben könnte. Nach Aussage der Nachrichtenplattform T24 haben mehr als 17.000 Mitglieder die Partei seit dem Mord verlassen. Innenminister Soylu und Justizminister Bozdağ kündigten eine lückenlose Aufklärung an.Für Irritationen sorgte, dass ein zweiter ermittelnder Staatsanwalt eingesetzt wurde und derjenige, der bisher die Ermittlungen führte, in Urlaub ging. Unmittelbar nach dieser Veränderung wurde ein Verdächtiger aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Später wurde er erneut festgenommen und Untersuchungshaft angeordnet.
Seit Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien hat die Türkei 3,5 Millionen syrische Geflüchtete aufgenommen und ihnen ein vorübergehendes Schutzrecht zuerkannt. Doch mit den wiederkehrenden Wirtschaftskrisen ab 2018 und der Pandemie ist die Akzeptanz der türkischen Bevölkerung gegenüber Geflüchteten und irregulären Migranten stark gesunken. Mit den Forderungen von CHP und İyi-Partei, Gespräche mit der syrischen Regierung über eine sogenannte Rückführung einzuleiten, hat auch die türkische Regierung ihre Politik geändert. Seit 2018 stagniert die Zahl der Syrer_innen in der Türkei. Zugleich wirbt die türkische Regierung für eine freiwillige Rückkehr und hat in den von der türkischen Armee kontrollierten Gebieten in Nord-Syrien mit dem Bau von Wohnungen und Infrastruktur begonnen.
Die Erdbeben vom 6. Februar 2023 haben jedoch auch in Nord-Syrien schwere Zerstörungen verursacht. Zwar öffnete die türkische Regierung einen weiteren Grenzübergang für die internationale Erdbebenhilfe, doch wird über eine ausgesprochen schwierige humanitäre Lage vor Ort berichtet. Der Vorsitzende der internationalen Syrien-Untersuchungskommission der UN, Paulo Pinheiro,wirft der internationalen Staatengemeinschaft vor, bei der humanitären Syrien-Hilfe nach dem Erdbeben versagt zu haben.
Für die Syrerinnen und Syrer in der Türkei verschärften die Erdbeben ihre ohnehin schwierige Lage weiter. Allein in Kahramanmaraş waren 96.640 Syrer_innen gemeldet, in Hatay waren es 354.648. Wie ihre türkischen Nachbarn verloren die meisten von ihnen ihre Wohnung und Lebensgrundlage. Doch gibt es auch Berichte, dass sie bei Hilfsmaßnahmen ausgegrenzt wurden. Gerüchte, Syrer_innen hätten sich an Plünderungen beteiligt, verschärften dieAblehnung und Anfeindungen.
Die Migrationsbehörde hat den Syrer_innen in den von den Erdbeben betroffenen Provinzen für die Dauer von sechs Monaten die Erlaubnis erteilt, nach Syrien zurückzukehren oder sich in anderen Provinzen niederzulassen. Angesichts des Wohnungsmangels in den angrenzenden Provinzen und den Metropolen ist die Chance jedoch gering, eine bezahlbare neue Wohnung zu finden. Verteidigungsminister Akar wiederum erklärte Ende Februar, dass mehr als 42.000 Syrer_innen nach Syrien ausgereist seien. Ob es sich dabei um eine Rückkehr handelt oder diese nur die Möglichkeit nutzten, Verwandte zu besuchen, bleibt offen. Doch erscheint angesichts der schweren Zerstörungen in Nord-Syrien die Lage dort noch aussichtsloser als in der Türkei
Inmitten der Staubwolken nach den Erdbeben vom 6. Februar hat das Türkische Statistikinstitut mit zweijähriger Verspätung die Sterbestatistiken für die Jahre 2020 und 2021 veröffentlicht. Schon zuvor war vermutet worden, dass die Verzögerung der Veröffentlichung ihren Grund in falschen Angaben zu den COVID-19-Sterbefällen hat. Tatsächlich zeigen die Statistiken einen hohen Anstieg der Sterbefälle. 2019 wurden 435.000 Todesfälle registriert. 2020 waren es dann 507.000 und 2021 stieg die Zahl sogar auf 565.000. Der Anstieg der Sterblichkeit liegt weit über den Angaben des Gesundheitsministeriums, das die Todesfälle in Zusammenhang mit einer COVID-19-Infektion in 2021 mit 61.480 angegeben hatte. Ob es um Inflation oder Arbeitslosigkeit oder auch die Sterbezahlen aufgrund des Erdbebens geht – immer wieder tauchen berechtigte Zweifel an den Angaben der Regierung auf.
Die Sperrung des Online-Forums „Ekşi Sözlük“ aufgrund einer „Gefährdung der inneren Sicherheit“ kurz nach dem Erdbeben hatte viel Aufsehen erregt. Immerhin handelt es sich um eine der größten Plattformen der Türkei, auf der Nutzer_innen Kommentare zu allen möglichen Fragen veröffentlichen können. Die Sperrung der Plattform war durch das Präsidium für Telekommunikation ergangen. Eine Klage gegen diese Entscheidung wurde abgewiesen, mit der Begründung, dass die Meinungsfreiheit auf der Plattform nicht gewahrt sei. Die Nutzer_innen der Plattform setzten sich überwiegend aus Anhängern der Opposition zusammen. Abweichende Beiträge würden meist schnell gelöscht, erklärte das Gericht.
Die Begründung wirkt ironisch. Auf die Meinungsfreiheit zu verweisen, wenn die Spielräume für die Äußerung abweichender Meinungen in der Öffentlichkeit stetig schwinden und diesen Maßstab ausgerechnet auf ein von oppositionellen Stimmen geprägtes Online-Medium anzulegen, machte viele Beobachter_innen des Prozesses sprachlos. Zumal es in der polarisierten Internet- und Medienlandschaft der Türkei ohnehin kein „ausgewogenes“ Medium gibt.
Die oppositionellen Fernsehkanäle Halk TV und Tele 1 gehören zu denjenigen, die am häufigsten mit Strafen durch die Aufsicht für Radio und Fernsehen (RTÜK) konfrontiert sind. Im vergangenen Oktober verhängte RTÜK ein mehrtägiges Sendeverbot gegen Tele 1 nach der Äußerung der Parlamentsabgeordneten der Türkischen Arbeiterpartei (TIP) Sera Kadıgil, dass das Präsidium für religiöse Angelegenheiten in seiner jetzigen Form ein Instrument des politischen Islam sei. In erster Instanz stoppte ein Verwaltungsgericht in Ankara dieses Verbot, doch wurde es in zweiter Instanz bestätigt. Erst später fiel auf, dass - obgleich das Bezirksverwaltungsgericht die Akten zum Vorgang angefordert hatte – dass das Gegenvotum der oppositionellen Ratsmitglieder von RTÜK nicht mitgesandt wurde. Immerhin führte das Gegenvotum drei Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte an, die eine Strafe ausschließen.
Der türkischen Menschenrechtsorganisation TIHV zufolge wurden nach dem Erdbeben im Februar weitere Verletzungen der Meinungs- und Medienfreiheit registriert. So wurden mindestens 22 Journalist_innen tätlich angegriffen. Im Zuge der Ermittlungen zu Beiträgen über das Erdbeben in den sozialen Medien wurden 575 Personen strafrechtlich verfolgt, 141 Personen festgenommen und 27 Personen inhaftiert.RTÜK verhängte mehrere Programmunterbrechungen und Verwaltungsstrafen gegen die Fernsehsender Halk TV und Tele 1,weil sie unter anderem das Erdbeben und die Such- und Rettungsmaßnahmen kritisiert hatten.
Auch wenn die Jahresinflation aufgrund der hohen Zuwachsraten im Vorjahr im Januar und Februar 2023 gesunken ist, liegt die monatliche Inflationsrate laut Türkischem Statistikinstitut nach wie vor hoch. Im Januar stieg der Preisindex um 6,65 Prozent, im Februar um 3,15 Prozent. Einer Berechnung von Erdoğan Süzer in der Tageszeitung Sözcü zufolge ergibt sich daraus für einen Mindestlohn von 8.506 TL ein Kaufkraftverlust von 773 TL in zwei Monaten.
Die türkische Zentralbank macht in ihrem Inflationsbericht insbesondere den Anstieg der Lebensmittelpreise für die hohe Inflation verantwortlich. Zugleich ist dies die Warengruppe innerhalb des Inflationsindexes, die für niedrige Einkommensgruppen die höchste Bedeutung hat, weil sie einen viel größeren Anteil des Haushaltseinkommen für Nahrungsmittel aufwenden müssen. Angesichts der Entwicklung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise und der absehbaren Ernteeinbußen aufgrund von Dürre wiederum zeichnet sich ab, dass ein Nachlassen des Preisauftriebs bei Lebensmitteln nicht zu erwarten ist. Hinzu kommt, dass die Regierung bei einzelnen Nahrungsmittelgruppen selbst zur Verknappung beigetragen hat. Durch die Festsetzung eines Milchpreises beispielsweise, der unter den Erzeugerkosten liegt, haben viele Milchbetriebe ihren Tierbestand abgebaut. Dies sorgte zwar zunächst für preisgünstigere Milch und durch die Schlachtung von Milchkühen für billigeres Fleisch, doch tritt nun bei beiden Produkten ein Versorgungsdefizit ein, mit entsprechend steigenden Preisen.
Für einen Großteil der Bevölkerung bleibt angesichts des Kaufkraftverlustes nur die Wahl, wo möglich weiter an Lebensmitteln zu sparen oder aber einen Kredit aufzunehmen. Doch auch hier wurde Mitte März eingegriffen: Im vergangenen Jahr hat die Zentralbank für gewerbliche Kredite eine Zinsobergrenze festgelegt, die deutlich unter den Marktzinsen lag. Wird diese überschritten, müssen die Banken Staatsanleihen zu niedrigen Zinsen kaufen. Am 10. März 2023 wurde diese Regel auch auf Individualkredite erweitert. Was zunächst im Sinne der Kundschaft wirkt, weil der Zinssatz dann auf 20 Prozent sinkt, führt jedoch zu einer geringeren Bereitschaft der Banken, Kredite zu vergeben. Dieser Effekt wurde zumindest bei der Zinsobergrenze für gewerbliche Kredite beobachtet. Für die Staatskasse jedoch hat die neue Regel eine positive Auswirkung, senkt sie doch die Zinsen auf Staatsanleihen.
Das Nachsehen haben Personen und Unternehmen, die auf Kredite angewiesen sind. Ihnen bleibt die Kreditkarte oder das Girokonto mit den ungünstigeren Zinssätzen. Doch sobald die Geldpolitik in orthodoxe Bahnen zurücksteuert, ergibt sich für die türkischen Banken ein bedeutendes Risiko. Sie verfügen dann über eine große Menge von Staatsanleihen mit niedrigem Zinssatz, während die Marktzinsen nach oben schnellen.
Am 28. Februar 2023 wurde das Gesetz zur Frühverrentung verabschiedet. Es ist ein bedeutender Erfolg einer zivilgesellschaftlichen Bewegung, die sich seit Jahren dafür eingesetzt hat, auch wenn nicht alle Forderungen erfüllt wurden. Die Kehrseite wiederum dürfte in einem deutlichen Anstieg der staatlichen Zuschüsse zur Sozialversicherung bestehen. Hinzu kommt die staatliche Unterstützung für Unternehmen, die sich nun mit hohen Abfindungskosten konfrontiert sehen.
Mit einer Gesetzesänderung wurde die 1992 von Süleyman Demirel durchgesetzte Aufhebung der Altersgrenze für die Rente wieder eingeführt. Das 1999 eingeführte Gesetz führte dazu, dass Personen, die zuvor aufgrund der Erfüllung der erforderlichen Beitragstage die Möglichkeit zu einer Frühverrentung hatten, nun auf die Erfüllung der Altersgrenze warten mussten. Dagegen formierte sich eine wachsende Protestbewegung, die sich um ein soziales Recht betrogen sah. Bis Mitte 2022 hatte Staatspräsident Erdoğan die Forderung auf Aufhebung der Altersgrenze zurückgewiesen. Doch mit Blick auf die Parlaments- und Präsidentschaftswahl wurde nun für diejenigen, die ihre ersten Beiträge vor 8. September 1999 entrichtet haben, die Altersgrenze aufgehoben. Es wird davon ausgegangen, dass 2,25 Millionen Beschäftigte nun das Recht auf die Frühverrentung wahrnehmen können.
Doch auch wenn dies als ein Erfolg der Proteste bewertet werden kann, so sind viele Forderungen und Probleme des Rentensystems damit nicht gelöst. Beispielsweise gibt es eine hohe Ungleichheit zwischen abhängig Beschäftigten und Selbständigen. Während erstere 5.000 Mindestbeiträge nachweisen müssen, sind es bei Selbständigen 7.000 Beiträge.
Kritiker der Frühverrentung verweisen außerdem auf neue soziale Ungerechtigkeiten. Da es keine gestufte Übergangsregelung gibt, gehen Menschen, die nach dem 8. September 1999 Beiträge bezahlt haben, leer aus. Und in vielen Fällen reicht die Frührente für den Lebensunterhalt nicht aus. Das führt zum einen dazu, dass nur jene wirklich in Frührente gehen können, für die dies finanziell möglich ist. Zum anderen kommt es vor, dass Beschäftigte erst die Frührente antreten, dann aber de facto wiedereingestellt und weiterbeschäftigt werden. Insbesondere bei Fachkräften ist dies durchaus auch von den Unternehmen erwünscht, die fürchten, plötzlich vor einem Fachkräfteengpass zu stehen.
Für die Unternehmen wiederum stellte sich noch ein weiteres Problem. Beim Ausscheiden von langjährig Beschäftigten entstehen bedeutende Abfindungsansprüche. Diese fallen aufgrund des Wegfalls der Altersgrenze nun nicht nach und nach, sondern auf einmal an. Um dies aufzufangen, bietet die Regierung über den Kreditgarantiefonds einen vergünstigten Kredit mit einer Laufzeit von bis zu 36 Monaten an.In der Beratung des Haushaltsausschusses wurde die Haushaltsbelastung durch die Frühverrentung mit insgesamt 194,4 Mrd. TL angegeben.
Für weite Teile der Türkei ist die Regensaison von Oktober bis März nun zu Ende. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge in der Türkei liegt bei 297,2 mm, 2022 lag sie bei 300,6 mm, doch in diesem Jahr bei nur 206,1 mm. Hinzu kommt, dass in diesem Winter an vielen Orten kein oder nur wenig Schnee fiel. Während sich auf der einen Seite Berichte über sinkende Pegel von Seen und Stauseen häufen, steigt das Dürre-Risiko für Städte und Landwirtschaft.
Bei letzterer ist aktuell die Wintersaat betroffen. Wegen des geringen Niederschlages hat sich das Wintergetreide vielerorts kaum entwickelt. Bewässerung wiederum verursacht zusätzliche Kosten. Angesichts des hohen Anstiegs der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise und rückläufigen Gewinnen werden immer mehr Betriebe unrentabel.
Doch auch für die bevorstehende Landwirtschaftssaison hat der ausbleibende Niederschlag Folgen. In den Provinzen Aydın und Denizli beispielsweise werden Landwirte nur noch zwei Bewässerungsrechte erhalten. In Sivas wurde bereits im vergangenen Jahr der Anbau von Produkten, die viel Wasser benötigen, untersagt. Auch für mehrere Städte ist die Wasserversorgung problematisch. In Çanakkale wurden Einschränkungen für den Gebrauch von Trinkwasser angeordnet, nachdem das Hauptreservoir der Stadt auf die Hälfte zurückgegangen ist. In Istanbul liegt Mitte März 2023 die Kapazität der Trinkwasserreservoirs auf dem niedrigsten Stand seit 2014.
Nach den Erdbeben vom 6. Februar setzte eine umfangreiche internationale Soforthilfe ein. Rettungsteams wurden aus vielen Ländern entsandt, humanitäre Hilfsgüter geliefert. Insbesondere in Griechenland fanden die Hilfskampagnen einen breiten Widerhall bei der Bevölkerung. Der Ausdruck gegenseitiger Solidarität führte auch zu einer Beruhigung bestehender Konflikte. Zahlreiche Außenminister_innen, darunter auch die Bundesaußenministerin Baerbock und Innenministerin Faeser, aber auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil besuchten das Katastrophengebiet. Besondere Beachtung fand auch der Besuch des ägyptischen Außenministers Schukri Ende Februar in der Türkei und der Gegenbesuch des türkischen Außenministers Çavuşoğlu in Kairo. Diese gegenseitigen Besuche seit zehn Jahren sind im Kontext der Bemühungen der türkischen Regierung zur Normalisierung der bilateralen Beziehungen zu sehen.
Auf der anderen Seite begeben sich viele Regierungen angesichts der bevorstehenden Wahlen in der Türkei in einen abwartenden Modus. Dies gilt wohl auch für die von Russland geförderte Initiative eines Treffens der Staatspräsidenten Assad und Erdoğan. Ursprünglich war davon ausgegangen worden, dass ein solches Treffen bereits vor der Wahl sattfinden könnte. Anfang März erklärte jedoch das Mitglied im präsidialen Rat für Außenpolitik Prof. Çağrı Erhan, dass mit einem solchen Spitzentreffen vor den Wahlen nicht zu rechnen ist.
Als am 19-20. Februar 2023 US-Außenminister Blinken die Türkei besuchte, war dies seit Amtsantritt von Präsident Biden der erste Besuch eines US-Außenministers in der Türkei. Ein solcher Besuch war zwar bereits im Januar vereinbart worden, als der türkische Außenminister Çavuşoğlu Gespräche in den USA führte, doch wurde er nach dem Erdbeben vorgezogen und modifiziert. Blinken besuchte zunächst das Katastrophengebiet und nahm dann an einem Gespräch im Rahmen des „strategischen Mechanismus“ teil, der zwischen beiden Regierungen vereinbart wurde, um die bilateralen Beziehungen zu verbessern.
Die Liste der Konfliktthemen ist lang und es gibt wenig Anzeichen für Bewegung. Zwar betonen die USA, dass die Widerstände der türkischen Regierung gegen einen NATO-Beitritt von Finnland und Schweden im direkten Dialog überwunden werden müssen, doch führte die Verzögerung zu weiterer Verstimmung in Washington. Hinzu kommen die zunehmend konkreter werdenden Warnungen, die Türkei dürfe die Sanktionen nicht unterlaufen, die gegen Russland im Ukraine-Kriegverhängt wurden.
Nach der Koran-Verbrennung durch einen rechtsextremen schwedischen Politiker wurden die Gespräche zwischen der Türkei, Schweden und Finnland zum NATO-Beitritt der beiden Länder ausgesetzt. Im März wurden diese jedoch wieder aufgenommen und am 17. März kündigte die Türkei nach einem Treffen mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö an, dem NATO-Beitritt Finnlands zustimmen und den Ratifizierungsprozess im Parlament einzuleiten. Von Schweden erwartet die Türkei hingegen weitere Zugeständnisse mit Blick auf den Umgang mit vermutlichen PKK-Anhänger_innen oder der Gülen-Bewegung nahestehenden Personen.
IPG Artikel: „Weißer Rauch über Ankara“ (9.3.2023), Henrik Meyer, Landesvertreter der FES Türkei, analysiert die Ernennung von Kemal Kılıçdaroğlu zum Präsidentschaftskandidaten der Opposition, nachdem das Bündnis zwischenzeitlich zu scheitern drohte.
In dem Deutschlandfunkbeitrag „Türkisches Oppositionsbündnis einigt sich auf Erdogan-Herausforderer“ (7.3.2023) kommentierte Henrik Meyer die Ernennung des Präsidentschaftskandidaten der Opposition.
In dem Beitrag „Hilft Erdbeben 3 Monate vor Präsidentenwahl der Opposition?“ gibt Antonia Tilly, stlv. Leiterin der FES Türkei, einen Tag nach dem Beben eine Einschätzung zu den politischen Folgen (Deutschlandfunk Kultur, 07.02.2023).
Yasemin Ahi, wissenschaftliche Mitarbeiterin der FES Türkei, berichtet im Inforadio über ihre Eindrücke aus dem Erdbebengebiet in der Türkei: „Friedrich-Ebert-Stiftung: Menschen nach Erdbeben weiter unter Schock“ (27.2.2023).
Der Artikel „Feine Antennen“ befasst sich mit der Arbeit von deutschen politischen Stiftungen im Ausland. Henrik Meyer berichtet aus der Arbeit der FES in der Türkei. (Das Parlament, 06.03.2023)
Im Auftrag der FES Türkei wurde die Studie „Die Auswirkungen des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes auf die Türkei“ erstellt (auf Türkisch). Mit Einführung des neuen Gesetztes ab 2023 können deutsche Unternehmen, die in der Türkei gegen Menschenrechtsstandards verstoßen, auch in Deutschland belangt werden.
Anfang Februar besuchte eine Delegation von sechs Abgeordneten des Deutschen Bundestages unser Büro in Istanbul, wo sie Gespräche mit Vertreter_innen der türkischen Zivilgesellschaft führte.
Am 21. März durften wir den SPD-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil im Rahmen eines Türkeibesuchs in Istanbul zu einem Meinungsaustausch mit Vertreter_innen der Zivilgesellschaft begrüßen.
Neues aus unserer Arbeit erfahren Sie in Zukunft auch auf unserer deutschsprachigen Webseite (https://turkey.fes.de/de/) und auf Instagram (https://www.instagram.com/festurkey/) – Folgen Sie uns doch!
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Herausgeberin: Friedrich-Ebert-Stiftung, Türkei-Büro. - Istanbul, 2024 [and earlier]Electronic ed.: Istanbul : FES, 2024 [and earlier]. - Anfangs u.d.T.: Newsletter Türkei; 2007-2011 u.d.T.: Türkei Informationhttps://library.fes.de/pdf-files/bueros/tuerkei/04293/index.html
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